Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut.
PHILIPP RÜTTGERS TRIO
(Philipp Rüttgers)
Besuch am
26. Februar 2025
(Einmalige Aufführung)
Pianist und Komponist Philipp Rüttgers und Maik Ollhoff, Geschäftsführer und künstlerischer Leiter des soziokulturellen Zentrums Loch in Wuppertal, kennen sich seit ihrer Jugendzeit, als sie die Jazzszene der Stadt erkundeten. Ollhoff ist geblieben. Rüttgers zog es nach Amsterdam, wo er seit 15 Jahren ansässig ist. Nun gibt es ein Wiedersehen im besagten Ort im Zentrum des Stadtteils Elberfeld. Sein Trio hat er mitgebracht, womit er für einen konzentrierten wie spannenden Abend sorgt. Auch das neueste Album Etudes of Shapes and Forms – auf Deutsch: Etüden der Gestalten und Formen – ist mit Gepäck, woraus einige Stücke vorgestellt werden.
Der Titel der Scheibe ist Programm. Denn mit darauf dokumentierten Werken aus eigener Feder beschäftigt sich Rüttgers mit Strukturen bekannter Komponisten der E-Musik. Posthoven hat zwar vordergründig mit Ludwig van Beethoven nichts zu tun, berücksichtigt aber dynamische wie melodische Prozesse, etwa eine Steigerung vom Pianissimo hin zu Fortissimo. An Györgi Ligetis 18 Études hat er sich laut seiner Worte nicht herangetraut. Sie sind in der Tat pianistisch höchst anspruchsvoll, weswegen sie nur darauf spezialisierte Pianisten wie Pierre-Laurent Aimard öffentlich aufführen. Dafür spürt Rüttgers dem ausdrucksstarken Inhalt nach wie in Rounds mit seinen schnellen komplexen rhythmischen Mustern. Auch Erik Satie lässt er nicht außer Acht. Das Thema des ersten Stücks seiner Gymnopédies bringt er zunächst im Original und gestaltet anschließend seinen melancholischen und leicht modalen Charakter getreu des Titels Lent et douloureux – Langsam und schmerzhaft – Jazz intendiert und rhythmisch auf den leichten Zählzeiten betont. Auch einer Nummer aus der dreibändigen Sammlung Pièces froides, kalte Stücke, forscht er intensiv nach.
Foto © Hartmut Sassenhausen
Zudem stellt er an diesem Abend zwei Stücke vor, mit anhand derer er seine große Hochachtung vor Musikern seiner Generation jenseits des Großen Teichs ausspricht. Dem 1970 geborenen Jazz-Pianisten und Komponisten Craig Tabom aus den USA hat er Craigs Dance gewidmet. Und der kanadischen Jazzpianistin und Komponistin Kris Davis aus Kanada, Jahrgang 1980, hat er Krisscaped zugeeignet.
Rüttgers Musiksprache ist sehr ausdrucksstark, greift auf traditionellen und zeitgenössischen Jazz zurück. Minimalistische Züge werden deutlich, wenn sich das Ausgangsmaterial in Form von wenigen Tönen ständig wiederholt, sich langsam verändert, bis es neue Formen annimmt. Mal ist es abstrakt gehalten, mal sind lyrische Töne nicht von der Hand zu weisen. Etliches ist formal durchkomponiert mit Freiheiten, sich solistisch improvisatorisch frei entfalten zu können.
Intensiv und dicht bringt das Rüttgers Trio diese und vier weitere Nummern zu Gehör. Äußerst homogen ist das Zusammenspiel von ihm, Kontrabassist Thomas Pol und Sun-Mi Hong am Schlagzeug. Man interagiert kongenial. Dabei glänzt Rüttgers mit einer sensiblen Anschlagskultur, kreativ sich entwickelnden Soli und hoher Virtuosität wie rasend schnelle perlende Läufe. Der hohen Güte steht Pol in nichts nach, zaubert hin und wieder wieselflink auf dem Griffbrett und beeindruckt mit teils rhythmisch vertrackten Tonfolgen. Auch Hong demonstriert ihre große Klasse. Äußerst kunstfertig, abwechslungsreich und nuanciert geht sie mit ihren Trommeln und Becken um.
Das zahlreich erschienene Publikum spendet begeisterten Beifall, wofür sich das Trio mit einer Zugabe bedankt.
Hartmut Sassenhausen